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8daw

ei8ht days a week – Streifzüge durch den Wandel

mit Boris Kochan und Freunden am 23. September 2022

 
 

Sehr geehrte Damen und Herren,

barfuß bis zum Kopf werfen wir uns ins Wasser … wir träumen von kreativen Inseln im Kopf, verbinden leichtfüßig Musen, Kuss und Orgie, gucken Löcher in die Luft, weit über den Lochrand hinaus. Offen für Unerwartetes lassen wir uns auf Zukunft ein, auf die kleinen und großen Schritte ins Morgen: Moving Moments! Nach mehr als 30 Jahren zieht Kochan & Partner um – und wir feiern ein letztes großes Fest in der Hirschgartenallee, mit Bandoneon und Holes to See the Sky Through, einer Liveübertragung aus unserem neuen Ort in der Steinerstraße, Essen und Trinken.

Über den Moment des Neuanfangs, dieses mutig Ungeschützte, über Befreiung und Freiheit hat die politische Theoretikerin Hannah Arendt immer wieder gesprochen und geschrieben. In Die Freiheit, frei zu sein beschreibt sie den grundlegenden Anfang überhaupt, die Geburt, als einen »jedwede historische Erfahrung und jede Form des Pessimismus widerlegende[n] Neuanfang«. Diese Idee stimmt mich zuversichtlich – befördert sie doch das Leben in einer Welt, die selbst der Stoff des Handelns ist. Die Choreografin Pina Bausch hat das mal in etwa so ausgedrückt, es »geht um das Leben, und darum, für das Leben eine Sprache zu finden.«

Ich wünsche ein zuversichtliches Wochenende – und würde mich sehr freuen, wenn wir uns am kommenden Freitag in der Hirschgartenallee sehen!
Boris Kochan

 
 

Mit dieser 8daw-Ausgabe melden wir uns nach einer langen Sommerpause zurück – und laden herzlich zu unserem Fest am 30. September ab 18:00 Uhr in die Hirschgartenallee 25 in 80639 München ein. Wir bitten für unsere Planung um vorherige Anmeldung auf unserer Registrierungsseite.


Gleich drei Karrieren hat er gemacht, wie sie unterschiedlicher nicht sein können – Kinderschauspieler, Computer-Unternehmer, Naturfotograf: Michael Poliza. Wir bedanken uns herzlich, dass wir seine beeindruckenden Bilder von Tierwanderungen für diese 8daw-Ausgabe nutzen dürfen – und so unseren Moving-Moments-Themen rund um Loch, Pfeil und Ziehharmonika noch die Bewegung hinzufügen können. Er selbst erzählt zu seiner Leidenschaft, dem Reisen und Entdecken: »Ich liebe es in der Natur zu sein, fernab jeder menschlichen Zivilisation. Die Fotografie hat mich gelehrt, mich wieder auf Stille einzulassen, geduldig über Tage auf einen bestimmten Moment zu warten, und den Rhythmus der Wildnis zu verstehen.«

 

Umbruch, Veränderung, Freiheit!
 

Entfalten, zusammenlegen. Ziehen, quetschen. Einatmen, ausatmen. Sie tun’s: Ziehharmonika, Akkordeon, Bandoneon, Schifferklavier, Quetschkommode, Ziehamriemen – ein Luftdruck, der durchs Pressen und Auseinanderziehen eines Balgs entsteht, bringt verschieden große Zungen zum Schwingen und die Töne ziehen los – über Straßen, Schiffs- und Tanzböden, durch Kaschemmen – ein Klang mit der Aura des Verruchten, ein Gossenkind. »Der Klangcharakter des Instruments ist durchaus gemein«, schreibt etwa Dommers Musikalisches Lexicon 1865. »Es wird auch bloß auf den Straßen herumgetragen und zum Tanzspielen gebraucht.« Der zweifelhafte Ruf begleitet das Instrument bis nach Südamerika. In Argentinien, im Tango, im Team mit Geigen, Bass, Cello, Klavier, E-Gitarre und Perkussion, befreit Astor Piazzolla die ganze Klangkraft des Bandoneons. Bogenschläge auf der Geige, stechende Streicherakzente, virtuose Bandoneonläufe, jähe Zäsuren und deutliche Brüche formen aus den typischen synkopischen Tango-Rhythmen eine ganz neue Form der einstigen argentinischen Kaschemmen-Musik: den Tango Nuevo. Piazzolla erfährt anfangs heftige Ablehnung. Verrat am argentinischen National-Genre werfen ihm die Freunde des echten Tango Argentino vor. Piazzolla gibt nicht auf. Er arbeitet weiter am Tango Nuevo. 1974 veröffentlicht er die Komposition Libertango – im Titel: Libertad, das spanische Wort für Freiheit. Umbruch, Veränderung, Freiheit! Der Libertango wird zu einem der am meisten gecoverten Tangos der Welt. [gw]

 

75 Jahre Pigini im kleinen Städtchen Castelfidardo in den italienischen Marken: Unweit von Ancona werden 200 verschiedene Akkordeon-Modelle gebaut und in 42 Länder exportiert. Aber wie geht das eigentlich: so ein Instrument bauen? Der sehenswerte Kurzfilm The sounds of Creation von Brendan Harvey verfolgt den Bau vom Zuschnitt des Holzes bis zum Test der Klangqualität.


 

Die Poesie des Lochs
 

Löcher erfreuen sich im Allgemeinen keiner großen Beliebtheit. Die im Netz angebotene Definition von Oxford Languages bringt es auf den Punkt: Demnach ist ein Loch eine »durch Beschädigung, [absichtliche] Einwirkung o. Ä. entstandene offene Stelle, an der die Substanz nicht mehr vorhanden ist.« Interessant ist hier die Nähe von Beschädigung und Absicht, die an das moralinsaure Wort aus Goethes Torquato Tasso denken lassen könnte: »Man erkennt die Absicht und ist verstimmt.« Allerdings gibt es ja auch Löcher, deren Zustandekommen keinesfalls vorsätzlich ist, wie zum Beispiel Löcher in Socken, einschließlich des von ihnen im Bereich der großen Zehe stimulierten körperlichen Unbehagens. Absichtlich herbeigeführte Löcher kennt die Bekleidungsindustrie indes schon. Wir verdanken diese Erfindung der eigentlich hochgeschätzten Vivienne Westwood. Jene ausgefransten Löcher – vorzugsweise in Blue Jeans – mit modischem Prekariats-Touch, über deren ästhetische Qualität sich trefflich streiten lässt. Aber ob man deswegen gleich verstimmt sein sollte …?

Ganz anders jene riesigen Löcher, die sich gelegentlich in Hochhäusern in Hongkong finden. Dem Feng Shui zufolge sollen sie den in den Bergen hinter den Hochhäusern lebenden Drachen den Zugang zum Meer gewähren und sie so besänftigen. Wird da nicht das Loch von einem Hauch Poesie umweht? Von friedlich-fantasievoller Weite kündet auch ein ziemlich kleines Loch. Yoko Ono hat es schon 1964 erfunden – zum Ausschneiden auf einer weißen Postkarte, versehen mit der Überschrift: A Hole to see the sky through. Ein Loch um sich hindurch zu träumen, ins Offene des Himmels zu blicken, neue Perspektive zu gewinnen und – umgekehrt – um Fantasie, Hoffnung und auch eine gute Portion Ver-Rücktheit einzulassen. Und das nicht obwohl, sondern gerade weil die Zeiten so sind, wie sie sind. [um]

 

Versteck, Falle oder spirituelle Stätte? Über viele Jahre hinweg hat die brasilianische Behörde zum Schutz der indigenen Bevölkerung den sogenannten Hole Man, den Mann des Lochs beobachtet, der durch den Regenwald streifte und in jeder seiner Hütten ein tiefes Loch hinterließ, über dessen Bedeutung die Forschung rätselt. Nun ist der Letzte seines Stammes verstorben – in einer Hängematte, umgeben von bunten Federn. Das Geheimnis seiner Löcher hat er mit sich genommen.


 

Pfeilgrad ins Herz
 

Ein Pfeil weist die Richtung: oben, unten – entweder, oder. Er zeigt, woher der Wind weht. Und wohin. Zur Sommerzeit taucht am südlichen Nachthimmel ein mythisches Mischwesen auf, halb Pferd, halb Mensch – ein Centaur. Der Pfeil in des Cen­tauren Hand zielt auf den Sternennachbarn Skorpion. Während das eine Sternbild schwindet, steigt das Bild des Schützen auf. Verwandlung. Dort, über der Milchstraße, umspielt von Gasnebeln und Kugelsternhaufen, lauert im Schützen ein gewaltiges Schwarzes Loch, Sagittarius A, galaktisches Zentrum mit unvorstellbarer Anziehungskraft. Pfeil und Ziel werden eins. Davon erzählt auch Amor, ein kühner, kleiner, geflügelter Kerl, der jüngste im Götterreich. Seine Pfeile treffen. Ovid beschreibt das in Amores – Elegien der Liebe so: »Wehe mir! Sichere Pfeile besaß der Knabe: ich brenne. Und in der friedlichen Brust tobt schon der Liebe Gewalt.« Eines Tages trifft Amor ein Pfeil aus dem eigenen Köcher. Er verliebt sich (unsterblich) in die sterbliche Königstochter Psyche (geht gar nicht). Nach langwierigen, irren Wirrungen wird Psyche endlich in den erlauchten Kreis der unsterblichen Götter aufgenommen. [gw]

 

Picasso zeichnet einen Zentauren in die Luft – als der Life-Magazin-Fotograf und Beleuchtungsingenieur Gjon Mili 1949 in Südfrankreich Pablo Picasso kennenlernte, knisterte es zwischen den beiden: Picasso faszinierte die von Mili mit Harold Edgerton vom MIT ab 1930 entwickelte Technik von Blitzlichtimpulsen für Hochgeschwindigkeitsaufnahmen genauso wie die Anwendung von Stroboskopie und elektronischem Blitzlicht beim Fotografieren von Tänzern und beim Sport. In fünf Sessions entstanden mit Langzeitbelichtungen rund 30 Licht-Zeichnungen von Zentauren, Stieren und griechischen Profilen in einem abgedunkelten Raum mit zwei Kameras: Geniale Lichtstreifen-Poesie – hier zusammengestellt in einem Film auf Vimeo.


 

Das Fundstück der Woche

 
 

Eine echte Mammutaufgabe gut gelöst: Aus dem Erfinder des Nylongarns und Seilen mit einer Kernmantelstruktur, der 1862 gegründeten Schweizer Seilwarenfabrik AG Lenzburg, wurde in den letzten 20 Jahren ein Global Player im Outdoor-Segment. Neben Seilen, Geflechten und Gurten bietet er nun auch Premium-Kleidung und -Ausrüstung für den Berg- und Outdoorsport. Seit 1943 firmiert das mittlerweile zur Industriegruppe Conzzeta AG gehörende Unternehmen unter Mammutund beeindruckt mit einer konsequenten Involvement-Kampagne nicht nur Fans


 
 

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In der 8daw-Ausgabe BETA #13 vom 24. Juli 2020 haben wir uns unter anderem mit dem Thema geschlechter­spezifische Schreib­weise beschäftigt. Im Ergebnis fanden wir die Empfehlung eines Lesers für uns am geeignetsten: »Der Mittel­punkt (MacOS: Shift+Alt+9; Windows: Alt+0183) wird eingesetzt wie der Asterisk *, stört jedoch deutlich weniger den Lese­fluss der Leser·innen, weil er nicht nach Fußnoten ruft und auch keine Text­lücken reißt wie der Gender_Gap. Im Hinblick auf Lesbarkeit und Typografie­qualität also eine bessere Alter­native, und inhaltlich – als Multiplikationszeichen verstanden – treffend. Oder?« Wir stellen unseren Autor·innen jedoch frei, ob sie den Mittel­punkt oder eine andere Form benutzen. Alle personen­bezogenen Bezeichnungen sind jedenfalls geschlechts­neutral zu verstehen.


8daw ist der wöchentliche News­letter von Boris Kochan und Freunden zu Themen rund um den Wandel in Gesellschaft, Kultur und Politik, Unternehmen und Organisationen. Er erscheint in Verbindung mit Kochan & Partner und setzt so die lang­jährige Tradition der Netzwerk­pflege mit außer­gewöhnlichen Aus­sendungen in neuer Form fort. 8daw versteht sich als Community- und Kollaborations-Projekt insbesondere mit seinen Leser·innen – Kooperations­partner sind darüber hinaus zum Beispiel die GRANSHAN Foundation, die EDCH Foundation, der Deutsche Designtag (DT), der BDG Berufsverband der Deutschen Kommunikations­designer und die Typographische Gesellschaft München (tgm).

 

Herausgeber und Chefredakteur von 8daw sowie verantwortlich im Sinne des Presserechts ist Boris Kochan [bk], Hirschgarten­allee 25, 80639 München, zu erreichen unter boris.kochan@eightdaw.com oder +49 89 178 60-900 (facebookfacebookfacebook)
in Verbindung mit
Kochan & Partner GmbH, Hirschgarten­allee 25, 80639 München, news@kochan.de

Redaktion: Ulrich Müller [um] und Gabriele Werner [gw]; Chefin vom Dienst/Lektorat: Sigrun Borstelmann [sib]; Regelmäßige Autoren: Markus Greve [mg], Sandra Hachmann [sh], Herbert Lechner [hel]Martin Summ [mas]; Illustrationen: Martina Wember [mwe]; Bildredaktion, Photo-Editing: Pavlo Kochan [pk] mit Unterstützung der Bild­redaktion von Kochan & Partner; Homepage: Pavlo Kochan [pk]; Design/Technik: Michael Bundscherer [mib]; Schriften: Tablet Gothic von Veronika Burian und José Scaglione sowie Coranto 2 von Gerard Unger über TypeTogether; Versand über Clever Reach.

Bildnachweis:
Schwein – © Getty Images
Bilder – © Michael Poliza
***
Fundstück – © erdmannpeisker



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